Luis Riu: „Der All-Inclusive-Service hat sich von einem Pionier- und Unterscheidungsmerkmal zu einer unverzichtbaren Grundlage unseres Angebots entwickelt„
30 November, 2023Unser All-Inclusive-Service wird von unseren Gästen in fast 80 % unserer Hotels sehr geschätzt. Er bietet den großen Vorteil, dass man von Anfang an weiß, was man erhält, und vor allem, wie viel es kosten wird – ohne Überraschungen durch Extras. Heute würde ich kein Urlaubshotel eröffnen, ohne All-Inclusive-Service (mit Ausnahme von 5-Sterne-Hotels in Spanien). Das System ist Teil unseres Angebots und Geschäfts mit einem hohen Grad an Spezialisierung. Es nicht anzubieten wäre aus meiner Sicht ein Rückschritt. Doch zu Beginn barg es auch Risiken und wurde nicht immer gut verstanden oder angenommen.
Unser erstes All-Inclusive-Hotel war das Riu Merengue in der Dominikanischen Republik, das 1996 eröffnet wurde. Tatsächlich war es im gesamten Land das erste Hotel seiner Art. Es folgten viele weitere Hotels mit Vorreiterrolle in den jeweiligen Reisezielen wie Cancún, der Insel Sal auf den Kapverden, auf Gran Canaria, in Chiclana oder Marokko. Heute möchte ich näher auf die Details dieses Service und seine Umsetzung im Unternehmen eingehen.
Jamaika: Eintauchen in das All-Inclusive-Erlebnis der 90er Jahre
Alles begann im Jahr 1995. In diesem Jahr verbrachte ich meinen Urlaub zusammen mit meiner Frau Isabel in Jamaika. Ich hatte die Absicht, den All-Inclusive-Service kennenzulernen, den die lokalen Hotels anboten. Ich wollte ihn als normaler Hotelgast erleben. Einige Reiseveranstalter hatten uns davon erzählt und berichteten, dass es eine interessante Option für die Hotels in der Dominikanischen Republik sein könnte, wo es keine ergänzenden Angebote in der Nähe der Hotels gab.
Ich war ziemlich skeptisch. Erstens, weil man uns in unserem Hotel Riu Taino etwa 50 US-Dollar pro Person und Nacht für Halbpension berechnte, während die Hotels, die wir besuchten, 250 US-Dollar für All-Inclusive verlangten. Es war unmöglich, unsere Tarife derart anzuheben, weshalb es mir ziemlich kompliziert erschien, die Erhöhung des Angebots und des Konsums unserer Gäste mit unseren Preisspannen rentabel zu gestalten. Trotzdem gingen wir hin und informierten uns ausführlich. Schließlich merkten wir, dass es kein großes Geheimnis gab. Es war der Vollpension sehr ähnlich, also mit Frühstück, Mittag- und Abendessen, aber zusätzlich mit Getränken und Snacks.
Das Riu Merengue in Puerto Plata, das erste All-Inclusive-Hotel von RIU
Unsere Erfahrungen in Punta Cana zeigten uns, dass unsere Kundschaft etwas mehr als unser traditionelles Angebot brauchte, gerade weil am Reiseziel nicht die Möglichkeit bestand, spazieren zu gehen, etwas zu trinken, einzukaufen und auswärts essen zu gehen. Auf den Balearen oder den Kanarischen Inseln boten wir mit unserer Halbpension ein gutes Frühstück und Abendessen an. Tagsüber gingen die Gäste an den Strand und aßen in den lokalen Restaurants und Bars. Und falls sie es vorzogen, im Hotel zu bleiben, hatten wir ein bescheidenes Angebot in unseren Poolbars mit einer Auswahl an Sandwiches, Burgern und Salaten.
Als wir in Punta Cana ankamen, kopierten wir das Modell, das so gut in Spanien funktionierte. Aber unsere Rechnung ging nicht auf. Schon bald mussten wir kreativ werden und unser Angebot innerhalb des Hotels vergrößern, da unsere Gäste den ganzen Tag und Abend im Hotel verbrachten. Die Poolbar verwandelte sich in ein Meeresfrüchterestaurant und in der Bar veranstalteten wir den „Mojito-Abend” oder den „Rum-Abend”. Alles mit dem Ziel, unseren Gästen mehr Abwechslung zu bieten.
Als wir uns entschieden, mit der Eröffnung des Riu Merengue den All-Inclusive-Service auszuprobieren, mussten wir erst einmal lernen, wie es funktionierte. Das Hotel war konzipiert wie seine Vorgänger: Es gab ein großes Hauptrestaurant für das Frühstück und das Abendessen sowie unsere Snackbar am Pool für das Mittagessen. Aber durch die Eröffnung mit All-Inclusive-Service entstanden mit etwas Dekoration und viel Anstrengung die „Wunder-Restaurants”, wie wir sie schließlich nannten. Denn es war ein tägliches kleines Wunder, dass sich die Poolbar jede Nacht in ein anderes Restaurant verwandelte: ein italienisches, Grill- oder spanisches Restaurant.
Wir lernten sehr schnell, dass die Zahlen stimmten. Wir konnten die Tarife nicht wie unsere Kollegen und Kolleginnen in Jamaika erhöhen, aber wir fanden schnell ein Gleichgewicht zwischen Kosten und Einnahmen. Die Aufenthalte in der Karibik waren traditionell sehr lang mit 7, 9 oder 14 Übernachtungen. Es gibt keinen Menschen, der in der Lage wäre, ein hohes Konsumniveau während so vieler Tage aufrechtzuerhalten. Deshalb funktioniert das Konzept normalerweise, mit einigen Spitzen und den nötigen Erholungsphasen. Dies hat sich im Laufe der Jahre verändert, da sich die Aufenthalte stark verkürzt haben.
Von Punta Cana nach Mexiko: Riu Yucatan, das erste All-Inclusive-Hotel
Auf jeden Fall führten die Erfahrungen im Riu Merengue zu den Verbesserungen beim Hotel Riu Yucatan, das 1997 in Playa del Carmen eröffnet wurde. Es war auch ein All-Inclusive-Hotel und hatte bei seiner Eröffnung schon mehrere Restaurants und Bars. Dieses Angebot erweiterte und verbesserte sich mit jedem Projekt. Unsere Absicht war es, in diesen Hotels die Erfahrungen zu wiederholen, die Gäste an einem Reiseziel machten, welches über mehr ergänzende Angebote verfügte. Gäste sollten also die Möglichkeit haben, jede Nacht in einem anderen Buffet oder Restaurant zu essen.
Spirituosenspender: RIUs Unterscheidungsmerkmal in seinem karibischen Hotelangebot
In Jamaika war mir aufgefallen, dass die Gäste als Bestandteil von All-Inclusive zwei Flaschen Spirituosen auf ihrem Zimmer erhielten. Dies wollte ich auch einführen, aber ich dachte, dass nicht alle beispielsweise Whisky oder Gin mögen, und es deshalb besser wäre, vier verschiedene Flaschen anzubieten. Ich wollte den Konsum während des Aufenthalts nicht einschränken, aber ich wollte verhindern, dass die Flaschen mit nach Hause genommen werden. Deshalb entwickelte ich zusammen mit Seiden, unserem Lieferanten in Miami, den Spirituosenspender, den wir in allen unseren Hotels in der Karibik haben. Es ist ein einzigartiges Element in unserem Angebot, das von unseren Gästen sehr geschätzt wird, und um ehrlich zu sein, überrascht es mich, dass keine andere Hotelkette es eingeführt hat. Die ersten Spender installierten wir im Riu Palace Macao, als wir es auf All-Inclusive umstellten.
Expansion von RIUs All-Inclusive in Spanien und auf internationaler Ebene
Die 2000er-Jahre waren hinsichtlich unserer internationalen Expansion sehr intensiv. Wir eröffneten unsere ersten Hotels in Jamaika, Cancún, Nayarit, Aruba, auf den Bahamas, in Costa Rica und Marokko und wuchsen auch in den Reisezielen, in denen wir schon Hotels hatten. An den Stränden setzten wir stark auf All-Inclusive, auch in Spanien. Dort war das erste All-Inclusive-Hotel das Riu Gran Canaria, das 2000 mit Halbpension eröffnet wurde und wir weniger als zwei Jahre später auf All-Inclusive umstellten. Es war bei Familien so erfolgreich, dass das Riu Chiclana schon 2003 ebenso mit All-Inclusive eröffnet wurde. Diese zwei Hotels waren Vorreiter in ihren Regionen.
Größte Herausforderung: Nachweis, dass All-Inclusive der lokalen Wirtschaften nicht schadet
Als wir das Riu Cancún 2003 eröffneten, durchlebten wir eine schwierige Phase. Heute kann man es kaum glauben, dass die Branche gegen die Einführung von All-Inclusive an dem Urlaubsziel war. Aber genau so war es. Das Riu Cancún war das erste Hotel seiner Art in der gesamten Hotelzone, sehr zum Ärger der Taxifahrer*innen und der Anbieter*innen zusätzlicher Dienstleistungen – und damit auch ihrer jeweiligen Vertretung. Doch ich wusste, was meine Gäste wollten, All-Inclusive war gesetzlich zulässig, und ich gab nicht nach. Heute wird es von niemandem mehr in Frage gestellt und nur noch wenige Hotels bieten es nicht an.
Auch in Spanien wurden aufgrund der Angst, die Gäste könnten das Hotel nicht mehr verlassen, keine Ausflüge mehr unternehmen oder kein Geld mehr am Reiseziel ausgeben, öffentliche Debatten geführt. Doch die Realität sieht ganz anders aus. Natürlich gibt es diejenigen, die auf ihre Ausgaben achten und mit Extras sehr vorsichtig sein müssen. Aber die meisten Menschen haben das Gefühl, dass das, wofür sie bereits gezahlt haben, den Zähler zurücksetzt und sie mehr konsumieren können. Das ist sehr menschlich. Wenn man im Hotel für jede Erfrischung und jedes Eis bezahlen muss, hat man eher das Gefühl, viel auszugeben. Wenn aber alles schon abgedeckt ist, neigt man bei Ausflügen eher dazu, sich etwas zu leisten. Alle unsere Gäste in allen unseren Hotels unternehmen häufig etwas außerhalb des Hotels. Sie machen Ausflüge, besuchen Bars, Restaurants und Clubs. Sie gehen spazieren, an den Strand und besuchen kulturelle Sehenswürdigkeiten. Diejenigen, die das Hotel nie verlassen, sind in der Minderheit.
All-Inclusive by RIU, ein Gästeerlebnis ohne kostenpflichtige Extras
Von Anfang an haben wir unser eigenes All-Inclusive-Modell festgelegt: eines, bei dem wirklich alles inklusive ist. Wir hatten keine Getränke oder besondere Restaurants mit zusätzlichen Kosten, während dies bei Hotels der Konkurrenz üblich war. Ich glaube, es bot sich ein weit verbreiteter Widerstand gegen die vollständige Abschaffung von Zusatzkosten. Doch für uns bedeutete es eine Vereinfachung des Betriebs, indem wir das Bargeldmanagement und die Notwendigkeit von Kassen in Bars und Restaurants abschafften.
Auf der anderen Seite birgt es auch viel komplexere Aufgaben, zum Beispiel für Küchenteams. Der/die Küchenchef*in muss nun das Angebot des Hauptrestaurants und der einzelnen Themenrestaurants verwalten. Das gleiche gilt für die Bars. Das Animationsprogramm ist auch gewachsen und vielfältiger geworden. Das gesamte Angebot hat sich vergrößert.
In den 2000er-Jahren gab es einen Zeitpunkt, an dem unser All-Inclusive-Service zu einem einzigartigen Wettbewerbsvorteil wurde. Wir boten gute Qualität, eine große Auswahl und ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis an, die wenig Konkurrenz hatten. Das Produkt ist das gleiche geblieben, aber es ist nicht mehr so einzigartig. All-Inclusive ist inzwischen so weit verbreitet, dass unsere Gäste es einfach als selbstverständlich betrachten.
RIU All-Inclusive, immer auf dem Laufenden mit neuen Trends
Die US-amerikanischen Gäste haben die Entwicklung unseres Angebots stark beeinflusst. Sie sind anspruchsvoll und in der Lage, hohe Preise zu zahlen. Sie haben uns mit der Wahl sowohl unserer Hotels als auch der Hotels unserer Konkurrenz gezeigt, wie wir unser Angebot an ihren Geschmack anpassen können. Wir müssen immer beachten, dass aufgrund der unterschiedlichen Gäste in unseren Hotels ein gutes Gleichgewicht gegeben sein muss. Eine der Veränderungen, die wir in letzter Zeit eingeführt haben, ist die Möglichkeit, gegen einen Aufpreis einen besonderen Wein zu wählen oder ein privates Abendessen am Strand zu erleben. Dies sind Verbesserungen, die nicht in die Kosten pro Übernachtung einfließen können, für die unsere Gäste aber zu bezahlen bereit sind. Tatsächlich wird diese Möglichkeit gewünscht, und wir müssen sie anbieten.
Haben die vielen Jahre, in denen wir All-Inclusive anbieten, uns zur Perfektion geführt? Natürlich nicht. Wie bei allem anderen auch hören wir ständig auf unsere Gäste, beobachten die Konkurrenz und Trends und probieren manchmal eigene Innovationen aus. Wie zum Beispiel die berühmten Riu Partys, spektakuläre Events mit DJ, Performances, Licht- und Soundeffekten und natürlich unseren Gästen, die diese Veranstaltungen als Teil des All-Inclusive-Angebots des Hotels genießen. Wir können niemals von uns behaupten, das Ziel erreicht zu haben, da dieses ständig in Bewegung ist. Deshalb verwerfen wir ständig etwas, verbessern es und nehmen Anpassungen vor. Es gibt keinen anderen Weg zum Erfolg als den der Arbeit.
Fdo. Luis Riu